Sebastian Weik Blog | e-Mobility | E-Roaming bei SUN - Vorsicht teuer!

Sebastian Weik

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"Ladenetz"-Chaos - Vorsicht teuer!

Die "Nordhessische Stadtwerke Union" SUN schießt bei den Kosten für die Fremdbenutzung ihrer Ladeinfrastruktur (E-Roaming) den Vogel ab: Unter gewissen Bedingungen wird man hier mit über 1,5€/kWh gefordert! Solchermaßen nur als prohibitiv zu bezeichnende Preise sind sicher wenig förderlich bei der Verbreitung der Elektromobilität. Genau das aber schreibt man sich bei SUN auf die Fahnen (ich verzichte hier bewusst auf einen Link ...).

Doch von Anfang an: Die SUN ist Mitglied im so genannten Ladenetz, einem Verbund von Stadtwerken, dessen Ziel es ist, durch Verbindung von vielen kleinen "Fürstentümern" ein großes, Deutschland weites "Ladenetz" zu schaffen. Die grundsätzliche Idee ist nicht schlecht, wie das aber mit vielen kleinen Fürstentümern ohne strukturierte Führung nun mal so ist, klappt es eben auch hier schlecht: Um mit zu machen, wird man Mitglied eines der Träger (z.B. der SUN oder eines anderen teilnehmende Stadtwerkes) und kann dann bei den anderen meist zu den heimischen Bedingungen laden. Und da fängt das Problem auch schon an, diese "heimischen Bedingungen" sind überall fundamental verschieden: Bei SUN selbst z.B. kostet die Ladekarte einmalig 30€ und dann monatlich 7,5€. Laden ist dann im Moment "flat", d.h. es fallen keine weiteren Kosten an, wohl auch nicht beim E-Roamen außerhalb des SUN Netzes. Das ist eigentlich günstig, aber der Haken: Wenn man mehr als 50% "fremd lädt" (und das tut man natürlich wenn man nicht im Verbreitungsgebiet der SUN wohnt), ist das gemäß AGBs eine Vertragsverletzung und man wird gekündigt. Geht also nicht.

Bei anderen Anbietern, z.B. der GGEW in Bensheim, zahlt man einmalig als Nicht-Kunde (interessant auch schon die Notion: wenn ich "nur" den Vertrag zum E-Laden mache - bin ich dann kein Kunde der GGEW ??) 25€ und dann monatlich 10,95€. Hinzu kommen in diesem Fall 0,3€/kWh für das Laden an der GGEW Infrastruktur sowie 0,37€/kWh für Laden an fremder Infrastruktur (Die Preise wurden gerundet. Warum benötigt man eigentlich kWh-Preise mit vier (!) Nachkommastellen?).

Wieder andere, z.B. die Stadtwerke Waldkirch, geben einen speziellen Stromtarif für zu Hause heraus ("Power Abo - Mobilstrom"), der die Ladekarte für das gesamte "Ladenetz" zur kostenfreien Benutzung beinhaltet. Tolles Angebot (und auch noch Wasserkraft), aber leider kann man nur Kunde werden, wenn man in Baden-Württemberg wohnt :-(
Und noch andere, z.B. mein heimischer Stromanbieter, die Entega Energie in Darmstadt, macht einfach gleich gar nicht mit im Ladenetz ...

Was soll ich also tun, wenn ich vier mal im Jahr nach Kassel oder Bad Wildungen fahre und dort laden muss, um wieder zurück zu kommen? Bleibt nur noch das klassische Roaming, z.B. über den ausgewiesenen Ladenetz-Kooperationspartner "The New Motion". Und hier schließt sich der narrative Kreis dieses Posts: SUN hat für seine Säulen über diesen Weg alle nur möglichen Register der Preisgestaltung gezogen: Neben einem "Startpreis" von 1,19€ (wofür eigentlich?), werden saftige 0,48€/kWh verlangt und dann noch "on-top" 0,02€/Minute für die Standzeit, die natürlich nicht aufhört zu zählen, wenn das Fahrzeug voll ist. Möchte man unter solchen Bedingungen mal eben noch 3kWh aufladen, damit das Auto für die weite Fahrt ganz voll ist, kommt man z.B. zu 1,54€/kWh, bzw. auf ca. 26€/100km. Klingt überzeugend. Überhaupt das Thema Zeittarife: Soll ich allen ernstes um 2 Uhr nachts aufstehen, um mein dann volles Auto um zu parken, damit mir bis 8 Uhr morgens nicht weitere 7,2€ in Rechnung gestellt werden? Da freut man sich doch!

SUN würde vielleicht entgegnen, man möge als spontan-Lader die Ladenetz-eigene App verwenden. Neben der Tatsache, dass diese reichlich schlecht programmiert ist, fallen dann über diese zum Vergleich keine Startgebühr an und der kWh-Preis liegt mit 0,39€ unter den 0,48€ über New Motion, dafür ist die Strafe für "nur da Stehen" aber mit 0,03€/Minute noch mal satte 50% über der bei New Motion, was das oben beschriebene Experiment von 2-8 Uhr auf den stattlichen Preis von 10,8€ bringt.

Liebe SUN: Warum sind die Gebühren überhaupt unterschiedlich über die beiden Verfahren? Und glauben Sie im Ernst, das Ganze hilft jemandem bei der Entscheidung, sich ein E-Auto zu zu legen, wenn man jedes mal vorher ausrechnen muss, wann das Auto voll ist, ob man es dann genau abholen kann, und ob es nun nach kWh oder Zeit geht und welche Karte nun gerade das beste Ergebnis verspricht? Oder anders gesprochen - gibt es bei Ihnen in der Marketing-Abteilung, oder wo auch immer Sie sich das ausgedacht haben, auch nur einen Menschen, der tatsächlich selbst ein E-Auto besitzt und es im öffentlichen Raum lädt? Kann ich mir persönlich schwer vorstellen. Bestimmt aber haben Sie Fördergelder von uns Steuerzahlern für den Aufbau der Infrastruktureingesetzt eingesetzt, die jetzt wahrscheinlich verstaubt, weil Sie glaube ich gar keine Kunden haben wollen...

2018-08-05